ALBA Berlin 2 : Friedenauer TSC – 23:65
Es ist verdächtig ruhig in der Umkleidekabine der U9 F an diesem Samstag, alle ziehen sich um und bereiten sich auf das Spiel vor, kein aufgeregtes Gequassel wie gewohnt … Ist es das besondere Quentchen Aufregung, das da durch die Kabine schwebt? Das erste Spiel gegen ALBA Berlin? Und dann auch noch in der beeindruckenden Max-Schmeling-Halle? Die Kids scheinen sichtlich nervös. Schließlich ist es Deion, der das geschäftige Schweigen bricht. „Leute, ich hab da mal eine Idee!“ Alle drehen sich um und blicken ihn erwartungsvoll an. „Mein Papa hat da gestern Abend so einen alten Schinken im Fernsehen gesehen, mit so vier Typen mit Schwertern, die sich wilde Kämpfe mit anderen Rittern geliefert haben. War ganz cool. Nicht gerade Star Wars, aber schon ganz okay. Aber was ich total krass fand, war, was die immer gesagt haben, bevor die auf die anderen losgegangen sind: Einer für alle und alle für einen!“
„Echt? Das ist ja fast wie bei uns!“ ruft Caine.
„Genau! Da musste ich auch sofort an uns denken, als ich das gehört hab, genau das, was Jochen und Tobias uns immer im Training sagen!“ Jetzt strahlt Deion und erntet zustimmende Blicke und Gemurmel reihum.
„Und was ist dann passiert?“ wollen alle wissen.
„Naja, die haben natürlich alle Bösen platt gemacht und die Königin gerettet und alles. Weil die eben immer zusammen gehalten haben“, erklärt Deion.
„Bei uns stehen ja auch immer vier auf dem Feld, die dann miteinander kämpfen und sich gegenseitig helfen!“ fällt Lenny auf.
Richard bringt es auf den Punkt: „Und heute … machen wir das wieder genau so! Was meint ihr?“
„Ja, super!“ rufen Alex und Felix wie aus einem Mund, und alle klopfen Deion auf die Schultern für diese tolle Idee.
Als die kleinen Mammuts dann auf dem Feld stehen und das erste Zehntel beginnt, strotzen alle nur so vor Energie und Tatendrang. Doch was ist das? ALBAs Nummer 11 scheint den Musketieren einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen zu wollen! Mann, ist der schnell! Und wie sicher der die Korbleger macht! Die Friedenauer Starting Four ist sehr bemüht, aber auch sichtlich verunsichert. Schon ist das erste Zehntel vorbei. Und ALBA führt 8:2!
Coach Jochen möchte gerne eine Ansprache halten, aber die Kinder beachten ihn gar nicht und stecken die Köpfe zusammen. Nur Wortfetzen dringen nach außen, „Musktiere!“, “ Zusammen!“, „Helfen!“ … Dann beginnt das zweite Zehntel, und die Friedenauer sind wie verwandelt! Deion, der Obermusketier, versenkt eiskalt Korbleger! Alex dribbelt „from coast to coast“ und macht die Punkte, Lassi erzwingt einen Sprungball nach dem anderen, Richard beweist mal wieder seine gute Trefferquote … jetzt ist das Team hellwach! Das zweite Zehntel geht mit 8:0 an Friedenau! Das dritte Zehntel beginnt, und wieder ist ALBAs bärenstarke Nummer 11 auf dem Feld. Doch diesmal sind die Musketiere, äh, Mammuts gewappnet: Sobald die 11 dem einen Verteidiger entwischt ist, stellt sich ihm der nächste in den Weg! Und auch im Angriff wird hervorrragend gepasst und der freie Mitspieler gefunden, das ist Teambasketball! Friedenau führt 18:10! In Viertel vier und fünf kann der Vorsprung sicher ausgebaut werden, zahlreiche Steals und gute Pässe ebnen den Weg für einen komfortbalen 26:12-Vorsprung zur Hälfte.
Doch wer jetzt denkt, darauf ruhen sich die kleinen Musketiere aus, sieht sich getäuscht. Es wird weiter gekämpft und geholfen, gepasst und gereboundet. David und Richard zeigen ihre sicheren Würfe und sammeln eifrig Rebounds, Deion liefert tolle Körbe und Assists, Felix und Alex glänzen mit Steals, Punkten und toller Verteidigung, Caine, Ragnar, Julius und Lassi erobern Ball um Ball, Lenny dribbelt die Gegner schwindelig und bringt den Ball sicher nach vorne.
Dann ist das Spiel vorbei, und die kleinen Musketiere liegen sich in den Armen – sie haben es geschafft. Zusammen. Wieder einmal. Natürlich war dieses ALBA-Team mit einigen Anfänger in den Reihen kein Gradmesser. Aber wie dieses Friedenauer Team zu Zeit lernt, miteinander und füreinander zu spielen, ist wahrlich eine Augenweide!
Als der Hallenwart an diesem Abend die leere Max-Schmeling-Halle abschließt, ist es dunkel geworden. Der Wind weht das Herbstlaub über den verwaisten Vorplatz. Der fröhliche Jubel der Kinder ist verklungen. Aber es ist, als ob die Rufe noch ganz leise durch die leere Halle schweben: „Einer für alle …“
Fotos: © Robert Sidor